
Sonderausstellung „Magie“
Lustige Physik“: Eine Zauberbühne zeigt die Arbeitsobjekte der Showmagier aus dem 20. Jahrhundert. Foto: Übersee-Museum Bremen/ Volker Beinhorn
Zwischen Glaube und Wissen, Spektakel und Geheimnis – das Übersee-Museum Bremen lädt ab dem 18.10.2025 in die Welt der Magie ein
Bremen, 7. Oktober 2025 – Schon das Wort „Magie“ erzeugt einen Rausch an Bildern – einen Märchenwald, einen Hexenhut, eine Zaubershow, Geister und Schamanen – das Bekannte endet und das Staunen beginnt. Die große Sonderausstellung „Magie“ im Übersee-Museum Bremen zeigt vom 18. Oktober 2025 bis zum 7. April 2026 die tausend Facetten dieses faszinierenden Phänomens, das seit Jahrtausenden die Menschen weltweit begleitet. Auf rund 800 Quadratmetern präsentiert die Ausstellung über 400 Objekte zu Wunder und Wirkung der Magie in Vergangenheit und Gegenwart. Exponate und Inszenierungen aus Naturwissenschaft, Archäologie, Ethnologie, Schauspiel und Kunst lassen alte Rituale und neuen Spiritismus von Europa über Afrika bis Asien auferstehen.
Das Konzept wurde vom Musée des Confluences in Lyon und vom Muséum de Toulouse übernommen.
Sobald die Besucher*innen die Ausstellung betreten, werden sie von einer geheimnisvollen Waldinszenierung begrüßt. Eine Gruppe von Wölfen, das Rauschen eines Waldes und im Hintergrund der Sound eines heulenden Wolfrudels lassen die Besucher*innen direkt in den Ur-Mythos „Wald“ eintauchen. Hier erfahren die Besucher*innen, dass der Wolf früher in Europa gefürchtet und ihm eine Betäubungskraft zugeschrieben wurde: Wer ihn sah, war wie gelähmt, und wer seinen Atem einatmete, verlor die Stimme. In vielen Regionen hatten Zauberer den Ruf, sich in Wölfe zu verwandeln. die Geschichte vom Werwolf war geboren.
Der Anfang der Ausstellung lässt die Besucher*innen in die Wurzeln der Magie eintauchen: Denn die Magie lässt sich bis ins alte Babylon und im Alten Ägypten 7000 Jahre v.Chr. zurückdatieren. Eine Säule mit eingravierter Keilschrift zeigt den Codex „Hammurabi“, der um 1760 vor Christus den Schadenzauber unter Todesstrafe stellte. Nur ein paar Meter entfernt zeigt eine Schminkpalette aus dem Jahr 3600 v. Chr., dass Schminke neben ihrer Schönheit, vor allem eine magische und medizinische Funktion hatte. Bei der Zubereitung wurde die Schminke beschworen, um ihre Wirkung, beispielsweise gegen die Körnerkrankheit, zu verstärken.
Amulette und Stelen zeigen außerdem, wie Menschen meist während magischen Ritualen mit Priestern versuchten, Krankheiten, Angriffen oder Unglück zu schützen. Den verschiedenen hybriden Mensch-Tier Gottheiten, wie zum Beispiel der Heka, der Isis oder der Bes, wurden magische Kräfte zugeschrieben. Es wird deutlich: Bereits im Alten Ägypten war Magie gut und schlecht.
Eine Inszenierung fällt besonders ins Auge: In einem Rondell hängen getrocknete Pflanzen und Kräuter von der Decke, darunter stehen auf einem Tisch ein Fliegenpilz oder eine Alraune. An der Seite zeigt eine Vitrine ein Lapidarium, eine Steinsammlung. Die Besucher*innen befinden sich in Europa des Mittelalters. Dort war Magie eng mit den Geheimnissen der Natur verbunden. So erfahren Wissbegierige, welchen Kräutern und Steinen, welche „magische“ Kräfte bzw. Heilkräfte zugeschrieben wurden.
Natürlich gehört auch der Zauber der „Lustigen Physik“ zur Magie – willkommen bei der zersägten Jungfrau und der Entfesselungskunst! Die Besucher*innen gelangen zu einer Zauberbühne, auf dem Arbeitsobjekte der Showmagier aus dem 20. Jahrhundert ausgestellt sind – um die Bühne herum hängen Werbeplakate berühmter Magier – von Kajar bis zu den Uferini Brüdern. Jean-Eugène Robert-Houdin legte Mitte des 19. Jahrhunderts den Grundstein für die moderne Magie, indem er Elektrizität, Magnetismus, Chemie und Optik einbezog. Mit diesen Techniken konnte der Zauberkünstler Dinge scheinbar verschwinden und wiederauftauchen lassen und Verwandlungs-, Teleportations- und Schwebetricks ausführen. Der Zauberer Houdin war es auch, der das traditionelle Zauberer-Outfit mit weitem Gewand, spitzem Hut und langem Bart aufgab und stattdessen im Frack, Zylinder und Zauberstab auf der Bühne erschien und so den neuen Look des Zauberers etablierte. Verschiedene Videos zeigen eindrucksvolle Zaubertricks von den 1920er Jahren bis heute.
Neben den Zaubershows für ein großes Publikum kam – durch die Kriege und sozialen Umwälzungen im 19. und frühen 20. Jahrhundert – der okkulte Glaube wieder auf. Um 1850 erreichte der Spiritismus Europa: Durch die Verwendung von Buchstabentafeln, das Drehen von Tischen und automatisches Schreiben versuchten die Menschen mit Toten und Geistern zu kommunizieren.
In dieser Zeit war vor allem in ländlichen Gegenden der Aberglaube stark verbreitet: Die Ausstellung zeigt beispielsweise eine Fluchkerze gegen einen untreuen Liebhaber oder eine Bleinadel mit Knoten zur Hexenabwehr. Ein mumifizierter Frosch zeugt vom Bauzauber, der ebenfalls unter die Kategorie „Aberglaube“ fällt. Die im Mauerwerk, unter Türschwellen oder auf Dachböden abgelegten Bauopfer sollten das Haus und die Bewohner*innen vor Unheil schützen.
In vielen Gesellschaften tragen Ritualspezialisten Kleidung oder Attribute, die sie vom Rest der Gesellschaft unterscheiden und ihre Funktion sowie magischen Fähigkeiten signalisieren. Kopfbedeckungen, Zepter, Kleidung und Schmuck tragen zur Wirksamkeit von Beratungen und Ritualen bei. Diese Attribute bestehen oft aus pflanzlichen oder tierischen Elementen mit starker visueller Wirkung und signalisieren eine besondere Verbindung zu den Wesen, die die unsichtbaren oder wilden Zwischenwelten bewohnen. So zeigt die Ausstellung die Ausrüstung und Kleidung von Schamanen und Schamaninnen aus Peru, Korea, China, Westsibirien oder Nordjapan.
Der letzte Teil der Ausstellung dreht sich um die Frage, wie das Phänomen „Magie“ heute behandelt wird. In einigen Filmstationen erfahren die Besucher*innen, dass neue Formen des Schamanismus entstehen, oft unter Vermischung von Symbolen und Praktiken aus verschiedenen Quellen. Oder, dass die Figur der Hexe dazu genutzt wird, patriarchalische und kapitalistische Normen zu kritisieren. Außerdem werden Interviews mit sechs Protagonistinnen aus Bremen und umzu gezeigt, die als Heilerinnen oder Schamaninnen praktizieren.
Bei einem großen Wunschbaum endet der Ausstellungsrundgang: Auf der ganzen Welt werden Bäume oft als Ort für Opfergaben und Wünsche für Heilung oder Erfolg genutzt. Diese Wünsche können in Form von Münzen oder Nägeln, die in die Rinde gesteckt werden, Stoffstücken oder Bändern, die daran befestigt werden, zum Ausdruck kommen. Auch im Übersee-Museum können sich die Besucher*innen ihren eigenen Wunsch in Erfüllung gehen lassen, indem sie ein Band an dem Wunschbaum befestigen bevor Sie im Spiegelkabinett noch einmal die Magie der Verwandlung erleben können.