Der Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird umgesetzt. Auf die Zuschauer und Hörer kommen jede Menge Änderungen zu. Viele TV- und Radio-Programme entfallen.
Wie berichtet, hat Brandenburg als letztes Bundesland dem Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugestimmt. Damit ist der Weg frei, und die Reform kann zum 1. Dezember 2025 in Kraft treten.
Auf Fernsehzuschauer und Radiohörer kommen jede Menge Veränderungen zu, die bis zum 1. Januar 2027, teils aber auch später, von den Anstalten umgesetzt werden müssen. Wir fassen alle wichtige Neuigkeiten zusammen.
Fernsehen: Diese Spartensender fallen weg
Eine gute Nachricht für Fernsehzuschauer: Alle Inhalte werden auch in Zukunft verfügbar sein, jedoch werden sich die Sehgewohnheiten ändern müssen. Die Sendeanstalten werden „digitaler“ und verlegen viele ihrer Inhalte ins Internet.
Linear sollen mehrere Programme zusammengelegt werden. So wird es künftig wohl nur noch einen Spartensender im Bereich Nachrichten, Informationen und Bildung geben. Bisher strahlen ARD und ZDF mit tagesschau24, ZDFinfo und ARD-alpha drei dieser Formate aus. Es ist aber wahrscheinlich, dass die Inhalte der drei Sender weiter unabhängig voneinander in den Mediatheken abrufbar sind.
Dies dürfte auch auf One und ZDFneo zutreffen. Beide Programme sprechen mit vielen fiktionalen Inhalten eine etwas jüngere Zielgruppe an, die an Filmen, Serien und Doku-Soaps interessiert sind. Künftig könnte es hier ein Gemeinschaftsprogramm im linearen Fernsehen geben, doch auch hier gilt: Streaming first und alle Inhalte – auch zusätzliche – sind in den Mediatheken abrufbar.
Der Kinderkanal KiKa hat noch eine Galgenfrist bis 2033 im klassischen Rundfunk. Bis dahin muss das Programm aber von den Empfangs-Wegen Kabel, Satellit und Antenne verschwinden und wird dann nur noch im Internet verbreitet, entweder komplett als Abruf-Angebot oder zusätzlich als Stream mit kuratierten Inhalten.
Auch noch nicht vom Tisch ist eine Zusammenführung der Kulturangebote 3sat und arte als ein pan-europäisches Angebot. Hiergegen gab es jedoch Widerstand aus den jeweiligen Partnerländern Österreich, Schweiz und Frankreich.
Endgültig beschlossen ist übrigens noch nichts. Alles sind bisher nur Denkspiele aus der Politik. Nachdem der Staatsvertrag jetzt ratifiziert ist, dürften sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten in Kürze detailliert dazu äußern, ob und wie die Vorgaben der Politik zur Senderstreichung umgesetzt werden.
Radio: Antennen-Aus für mindestens 17 Programme
Beim Hörfunk müssen die ARD-Anstalten mindestens 17 Programme terrestrisch streichen. Diese können entweder komplett entfallen, werden als Stream oder Abruf-Angebot ins Internet verlagert oder durch Kooperations-Angebote von zwei oder mehr ARD-Anstalten ersetzt.
Nach heutigem Stand entfallen über Antenne (UKW und DAB+) folgende Programme:
- NDR Schlager, NDR Blue und NDR Info Spezial beim Norddeutschen Rundfunk
- WDR Die Maus und WDR Event beim Westdeutschen Rundfunk
- YOU FM und hr-info beim Hessischen Rundfunk
- MDR Schlagerwelt, MDR Klassik und MDR Tweens beim Mitteldeutschen Rundfunk
- Dasding, SWR Aktuell, SWR4 Rheinland-Pfalz und SWR4 Baden-Württemberg beim Südwestrundfunk
- Unserding und Antenne Saar beim Saarländischen Rundfunk
- BR Schlager, BR24live, PULS und BR Verkehr beim Bayerischen Rundfunk
Einige Wellen wird es weiter im Internet geben, schon bekannt ist zudem, dass neue Kooperations-Wellen bisherige Angebote ersetzen könnten:
- Aus NDR Schlager, MDR Schlagerwelt und BR Schlager könnte ein gemeinsames Schlager-Programm entstehen (Verbreitung voraussichtlich nur über Internet)
- Aus SWR4 Rheinland-Pfalz und SWR 4 Baden-Württemberg entsteht ein Gemeinschaftsprogramm, in dem es aber noch weiter regionalisierte Informationen geben soll.
- Aus YOU FM, Dasding und Unserding soll ein gemeinsames, neues Jugendradio entstehen
- Aus hr-info, SWR Aktuell und Antenne Saar soll ein gemeinsames, neues Nachrichtenprogramm entstehen.
- Aus BR-Klassik und MDR Klassik könnte eine Kooperations-Welle im Bereich „Klassische Musik“ entstehen (terrestrische Ausstrahlung beim BR, Internet-basiert beim MDR)
Auch beim Radio gilt das gleiche wie beim Fernsehen: Alles sind bisher nur vage Absichtserklärungen, die noch durch die Gremien wandern müssen. Offenbar haben die öffentlich-rechtlichen Anstalten zunächst abgewartet, ob der Reformstaatsvertrag von allen Länderparlamenten beschlossen wird.
Das Gegenteil von Einsparpotenzial
Eines ist klar: Die Reform wird sowohl beim Fernsehen als auch beim Radio die klassischen Rundfunkwege schwächen und die Ausstrahlung im Internet stärken. Da fast alle Inhalte weiter produziert werden, ergibt sich zumindest beim Programm kaum Einsparpotenzial. Im Gegenteil: Streaming belastet die Umwelt durch den Energieverbrauch von Rechenzentren und Netzinfrastrukturen sowie durch die Nutzung der Endgeräte.
Hinzu kommt, dass die Anstalten – anders als beim klassischen Rundfunk – für jeden einzelnen Zuschauer oder Zuhörer zahlen müssen. Somit könnte es für sie sogar teurer werden, wenn man klassischen Rundfunk durch Streaming ersetzt, beziehungsweise laut dem neuen Staatsvertrag ersetzen muss.

Einsparungsvorschlag: DAB+ abschalten
och viel mehr Geld ließe sich sparen, wenn man diesen Schwachsinn DAB+ abschaltet und UKW solange weiterbetreibt, bis sich eine internetbasierte Lösung auch für den mobilen Einsatz entwickelt. Neben dem ohnehin seit Jahren angestrebten flächendeckenden Ausbau des Mobilfunks bräuchte es dafür auch eine Lösung, wonach es in den Autoradios eSIMs mit z.B. auf 384 kbps gedrosselten SIM-Karten für Internetradioempfang gibt, dessen Kosten mit dem Kauf des Autos abgegolten werden.
Viele Anbieter hauen inzwischen 50 GB für um die 10€ raus. Da sind Kosten und kleine Datenvolumen definitiv kein Argument mehr, auch unterwegs kein Internetradio zu hören. Neulich las ich auch was von Unlimited mit 50 MBit/s für unter 15€. Selbst diese vergleichsweise geringe Geschwindigkeit reicht locker für Internetradio.
Selbst wenn sich die Anstalten an den Kosten des Mobilfunkausbaus in Höhe des Betrags, den der Betrieb von DAB+ kostet beteiligen, hätte der Hörer dennoch einen Vorteil, weil viel mehr Programme in einer viel höheren Bitrate angeboten werden können, ohne dass man dabei die maximale Kapazität von irgendeinem Mux beachten muss. 256 kbps AAC sind von der Quelle kaum zu unterscheiden.
DAB+ braucht man ja ohnehin nicht mehr, wenn alle nicht über UKW angebotenen Programme ins Internet abwandern. Wo ist dann der Mehrwert? UKW klingt hier im Raum Stuttgart besser als DAB+. Mein Autoradio kann zwar DAB+, aber ich höre nur UKW, weil mir DAB+ mit seinem Codec und Processing einfach zu scharf und matschig klingt.